Diskussion um neue Bildungspläne // 10.08.2022
Im April 2022 hat die Bildungsbehörde gemeinsam mit den Entwürfen für viele andere Fächer auch den eines Bildungsplans Religion für die Grundschule sowie die Sekundarschulen veröffentlicht. Kurz zuvor hatte die katholische Kirche Hamburg ihre Beteiligung am Religionsunterricht für alle (RUfa) bekannt gemacht. Damit wird dieser besondere Hamburger Weg von der evangelischen Nordkirche, der jüdischen Gemeinde, den muslimischen Verbänden, den Aleviten und dem Erzbistum gemeinsam getragen.
Der Entwurf der Bildungspläne Religion hat eine kräftige Fachdebatte ausgelöst, die allerdings in der publizistischen Öffentlichkeit noch keine große Resonanz gefunden hat. Stellungnahmen waren seitens der Bildungsbehörde zum Beginn der Sommerferien in Hamburg erbeten worden. Zahlreiche Voten gingen ein, die sich zumeist sehr kritisch mit dem Entwurf befassten. Viele von ihnen sind auch öffentlich publiziert.
Grundschulverband (zum RUfa siehe Punkt 5 sowohl in der Presseerklärung (Kurzform) als auch in dem nachfolgenden Anhang):
https://gsvhh.de/wp-content/uploads/2022/06/Presseerklaerung-Grundschulverband-zu-Bildun-gsplanentwurfe.pdf
Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft:
https://www.gew-hamburg.de/themen/schule/stellungnahme-der-gew-hamburg-zum-bildungsplan-entwurf-religion-grundschule
Landesschulbeirat:
https://www.hamburg.de/contentblob/16306216/22dc5cfbffee9421db0cbbb7c29c8a5f/data/stellungnahme-religionsunterricht.pdf
Lehrerkammer (zum RuFa Grundschule siehe S. 12; außerdem weitere Stellungnahme speziell zum RU Grundschule):
https://lehrerkammer.hamburg.de/wp-content/uploads/sites/19/2022/06/220617_Positionspapier_Bildungsplaene_Version_10.pdf
https://lehrerkammer.hamburg.de/wp-content/uploads/sites/19/2022/05/220515_LKStn_Religionsunterricht.pdf
Arbeitsgemeinschaft für Bildung der SPD Hamburg:
https://afb.spd-hamburg.de/fileadmin/hamburg-institutionen/afb/Positionen-Beschluesse/AEnderungsvorschlaege_Rahmenplan_Religion_Grundschule.pdf
Auch das Säkulare Forum Hamburg e.V. (SF-HH) hat ein Papier vorgelegt, mit dem auf die behördlicherseits zugesagte Überarbeitung der Entwürfe eingegangen werden soll:
https://www.sf-hh.org/web/wp-content/uploads/BP_Religion_Entwurf_SFHH_2022-05.pdf
Dieses Papier ist im Gegensatz zu manch anderen Erklärungen keine Stellungnahme mit einigen kritischen Anmerkungen, sondern eine komplette Überarbeitung des Entwurfs für die Grundschule. Hier wird neben der Perspektive der Religionen eine Weltanschauungsperspektive (Aufklärung, Humanismus, Atheismus, …) hinzugefügt. Denn wenn in einem Unterricht für alle (RUfa) Religionen als Werteträger beteiligt sind, dann müssen auch säkulare Weltanschauungen genuin in ihrem eigenen Selbstverständnis beteiligt sein. Folglich müsste dieser Unterricht dann auch Weltanschauungs- und Religionsunterricht für alle (WuRUfa) heißen. Da das Grundgesetz Weltanschauungs- und Religionsgemeinschaften gleich behandelt, könnten auch säkulare Organisationen Lehrpersonal beauftragen. Dies z.B. macht der HVD in Berlin-Brandenburg, allerdings in einem separaten humanistischen Weltanschauungsunterricht. Das Novum in Hamburg wäre dann ein gemeinsamer Unterricht „für alle“, der diesen Namen auch verdient.
Dass dies unter den Mitgliedern des SF-HH nicht ganz unumstritten ist, versteht sich, denn nicht alle Mitgliedsorganisationen verstehen sich als Träger säkularer Weltanschauungen.
Aber den Versuch, das unehrliche „für-alle-Modell“ Hamburgs aufzubohren, tragen alle mit. Denn durch den religiösen Bekenntnisunterricht, wie er vom Artikel 7 [3] des Grundgesetzes gefordert wird, sollen Kinder in ihrer Religion beheimatet werden, wie es das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung ausgeführt hat. Daran will auch Hamburg mit seinem multireligiösen konfessionenübergreifenden Unterricht festhalten. Das birgt für die Kinder der Eltern, die nicht konfessionell gebunden sind – und das ist in Hamburg die Mehrheit – die Gefahr religiöser Indoktrination. Diese Gefahr kann in den Klassenstufen 1 bis 6 nur durch Nichtteilnahme am Religionsunterricht vermieden werden. (Nur in den höheren Klassen gibt es die Wahl zwischen Religion und Philosophie.) Hier versucht das SF-HH mit seinem um eine Weltanschuungsperspektive erweiterten Entwurf ins Gespräch mit den Schulen zu kommen. Erste mutmachende Gesprächsrunden haben bereits stattgefunden.